Station 4.9:
Ehemalige Meierei
Die Verarbeitung der selbst produzierten Milch fand in früheren Zeiten überwiegend auf den Höfen statt. Die von den Bäuerinnen und ihren Mägden hergestellten Produkte wie Butter, Rahm und Käse deckten den Eigenbedarf, und mit den Überschüssen wurde die Haushaltskasse aufgebessert.
Doch auch kleine Privatmeiereien gab es in Burg schon in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. So betrieb Adolf Knoph sein Geschäft in der Hafenstraße, die Suhr’sche Meierei befand sich in der Buchholzer Straße. 1906 entschlossen sich die Bauern zur Gründung einer Meiereigenossenschaft. Für den Bau „Unterm Cleve 2“ wurden 26 413,95 Mark investiert. Erster Betriebsleiter wurde Heinrich Hahmann. Die Milch kostete 13 Pfennige je Liter, Buttermilch 5 Pfennige und Magermilch 4 Pfennige.
Am Schluss des ersten Geschäftsjahres gehörten 54 Milchlieferanten der Genossenschaft an. Milchkontrolleure sorgten durch Probeentnahmen für einwandfreie Anlieferung. „Milchpantschern“ drohte neben empfindlichen Geldbußen der Ausschluss aus der Genossenschaft.
1913 bekam die Meierei Stromanschluss, 1914 gehörten der Genossenschaft 70 Bauern an. 1924 hatte sich die Anzahl der Genossen auf 80 erhöht. 1925 wurde das Gebäude ans Telefonnetz angeschlossen und es wurde eine Kanalisation gebaut, nachdem das Abwasser bisher einfach in die Gräben abgeleitet worden war.
Die erste Kühlanlage bekam die Meierei 1935, auch ein Butterfertiger wurde angeschafft. Die Zahl der alten Dampfmaschinen, die die Zentrifugen und die Brunnenpumpen angetrieben hatten, neigte sich dem Ende zu.
Die Genossenschaftsprodukte wurden von den vielen kleinen Milchgeschäften im Ort weiterverkauft, von Händlern mit Pferd und Wagen zu den Kunden gebracht. Der Großteil der produzierten Butter wurde in Holzfässern an die Butter- und Eierzentrale in Hamburg verkauft.
Heinrich Hahmann blieb bis zu seinem Renteneintritt 1941 Betriebsleiter, dann wurde er von Max Thode, der zuvor zehn Jahre in der gleichen Funktion in Frestedt gearbeitet hatte, abgelöst.
Zahlreich Auszeichnungen, besonders Butter und Quark, zeugten von den Qualitätsprodukten aus dem Luftkurort. Neben zwei Meiereigehilfen arbeitete auch die Meieristentochter Liselotte von 1948 bis zu ihrer Heirat mit Heinz Marten im Jahr 1959 im Betrieb mit. 1968 trat Max Thode senior in den wohlverdienten Ruhestand und übergab die Geschäfte an seinen Sohn Max. Der hatte das Meieristenhandwerk bei seinem Vater von der Pike auf gelernt.
Anfang der 70er Jahre bekam die Meierei anstelle der alten Kokskessel eine Ölfeuerungsanlage und 78/79 wurde ein Tankwagen angeschafft. Vorbei waren die Zeiten, wo sich die Bauern morgens und abends bei ihrer Milchanlieferung austauschten, fachsimpelten oder einfach ein bisschen „schluderten“. Die Milch wurde nun per Sammeltransport von den Höfen abgeholt.
An der Meierei wurde es ruhig. Ebenso im Geschäft von Bäckermeister Karl-Heinz Meinert und seiner Frau Ingrid gegenüber der Meierei. Wenn die Bauern sich morgens mit Pferd und Wagen, Trecker oder per Fahrrad in die Anlieferungsschlange eingereiht hatten, wurden Einkaufszettel und –taschen ins Geschäft gebracht. „Dann packten wir die Ware zusammen, und wenn die Bauern bei der Meierei fertig waren holten sie sie ab. Meistens wurde angeschrieben und einmal im Monat bezahlt“, erinnert sich Ingrid Meinert. Häufig brachten die Bauern fertig gekneteten Brotteig mit, der dann im großen Meinert’schen Backofen zu Milchstutenlaibern ausgebacken wurde. „Mitunter waren die Teigstücke so groß, dass sie in der Backstube geteilt werden mussten, weil sie nicht auf einen Schieber passten. Dann waren die Bauern beleidigt, dass sie für zwei bezahlen mussten“, erzählte Ingrid Meinert schmunzelnd.1981 verließ Max Thode jun. aus Karrieregründen seine Meierei und zog mit seiner Familie nach Niedersachsen. Olaf Golombek wurde neuer Betriebsleiter. 41 Bauern gehörten noch der Genossenschaft an. Im gesamten Geschäftsjahr wurden über vier Millionen Kilogramm Milch angeliefert. Als dann die Milchquotenregelung eingeführt wurde, begann das Geschäft zu kriseln. Die verbliebenen 35 Genossen beschlossen, ihre Milch nach Wilster zu liefern. Olaf Golombek wurde damals in einem Zeitungsbericht zitiert: „Durch die Milchquotenregelung und die Kündigung einiger Milchlieferanten von der Kanal-Südseite fehlte am Ende die Rentabilität.“
Am 31. Mai 1985 wird die „Burger Genossenschaftsmeierei von1906“ liquidiert und der hohe Schornstein auf die Hälfte gekürzt. Das Gebäude stand einige Zeit leer, bis es von einem Privatmann aufgekauft wurde, der es zu einem Mietshaus umbaute. Das ist es nach einem weiteren Verkauf bis heute geblieben,
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